Wird ein Anwaltsvertrag mit einer Sozietät geschlossen, der neben Rechtsanwälten auch Steuerberater angehören, so haften für einen Regressanspruch wegen Verletzung anwaltlicher Beratungspflichten auch diejenigen Sozien persönlich, die selbst nicht Rechtsanwälte sind.

Eine Anwaltssozietät ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern nicht ausdrücklich eine andere Rechtsform gewählt worden ist[1], wofür im Streitfall keine Anhaltspunkte bestehen. Vor der Anerkennung der eigenständigen Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass ein Sozietätsanwalt ein ihm angetragenes Mandat im Zweifel zugleich im Namen der übrigen Sozietätsmitglieder annimmt, im Falle von Sozietäten unterschiedlicher Berufsangehöriger jedoch nach dem Parteiwillen regelmäßig nur diejenigen Sozien in den Vertrag einbezogen werden sollen, die auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen[2].
Diese Grundsätze sind in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht mehr anzuwenden, weil der von der Schuldnerin geschlossene Anwaltsvertrag nach dem Erlass der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001[3] geschlossen worden ist[4]. Die eigenständige Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat zur Folge, dass eine Sozietät selbst Partnerin eines Beratungsvertrages sein kann[5]. Dabei kann sich auch eine sogenannte gemischte Sozietät, der neben Rechtsanwälten auch Mitglieder anderer Berufsgruppen angehören, zur Erbringung anwaltlicher Beratungsleistungen verpflichten[6].
Wie sich aus der Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB ergibt, wird eine Erklärung in eigenem Namen abgegeben, wenn die Umstände nicht hinreichend deutlich ergeben, dass sie in fremdem Namen abgegeben werden soll[7]. Die vom Bundesgerichtshof bislang offen gelassene Frage[8], ob der Vertragsschluss durch einen Sozietätsanwalt nach dem Parteiwillen typischerweise die Sozietät verpflichten soll, bedarf auch hier keiner Entscheidung. Die Würdigung, die Sozietät sei Vertragspartnerin geworden, liegt im entschiedenen Fall allerdings schon deshalb nahe, weil das Mandat von mehreren Sozien bearbeitet und auch ein bei der Sozietät angestellter Rechtsanwalt hiermit befasst worden ist. Eine Auslegung, wonach an Stelle eines Sozietätsmandats ein Einzelmandat eines Sozietätsmitglieds begründet werden sollte, kommt unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Mai 2012 – IX ZR 125/10
- BGH, Urteil vom 03.05.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 Rn. 11[↩]
- BGH, Urteil vom 16.12.1999 – IX ZR 117/99, WM 2000, 963, 964; vom 17.02.2000 – IX ZR 50/98, WM 2000, 1342, 1344 f[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2008 – IX ZR 145/05, WM 2008, 1563 Rn. 10; vom 05.02.2009 – IX ZR 18/07, WM 2009, 669 Rn. 10[↩]
- BGH, Urteil vom 26.01.2006 – IX ZR 225/04, WM 2006, 830 Rn. 9; vom 05.02.2009, aaO; vgl. auch § 51a Abs. 2 Satz 1 BRAO[↩]
- BGH, Urteil vom 09.12.2010 – IX ZR 44/10, WM 2011, 1770 Rn. 7 ff[↩]
- BGH, Urteil vom 13.10.1994 – IX ZR 25/94, WM 1994, 2233, 2334; vom 27.10.2005 – III ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109 Rn. 6 f[↩]
- BGH, Urteil vom 09.12.2010, aaO Rn. 15[↩]