Hat ein Gläubiger seine Leistung teils vor und teils nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, ist er mit dem der vorinsolvenzlichen Leistung entsprechenden Teil seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger und im Übrigen Massegläubiger, wenn sich die vor und nach Eröffnung erbrachten Leistungen objektiv bewerten und voneinander abgrenzen lassen. Das gilt auch für den Vergütungsanspruch des Abschlussprüfers, der seine Prüfungstätigkeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnen, aber erst danach abgeschlossen hat.

Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf[1] steht der klageweisen Geltendmachung des Teils der Honorarforderung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der auf den vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Leistungen beruht, § 87 InsO entgegen. Insoweit handelt es sich bei dem erhobenen Vergütungsanspruch um eine Insolvenzforderung und nicht um eine Masseverbindlichkeit.
Noch zutreffend geht das Oberlandesgericht Düsseldorf allerdings davon aus, dass die Verfahrenseröffnung nicht zum Erlöschen des zwischen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Schuldnerin geschlossenen Vertrages gemäß §§ 115, 116 InsO geführt hat. Aus § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO folgt vielmehr, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Bestand des Vertrages über die Abschlussprüfung unberührt lässt.
Nach § 115 Abs. 1, § 116 Satz 1 InsO erlischt ein Dienst- oder Werkvertrag, durch den sich jemand dem Schuldner gegenüber verpflichtet hat, ein Geschäft für diesen zu besorgen, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Vertrag über die Abschluss- und Konzernabschlussprüfung gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 HGB stellt sich in diesem Sinne als Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter dar[2].
Gemäß § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO wird die Wirksamkeit der Bestellung eines Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die Eröffnung nicht berührt. Aus dieser Bestimmung folgt, dass der Vertrag über die Abschlussprüfung und damit auch der sich daraus ergebende Vergütungsanspruch in Abweichung von §§ 115, 116 InsO mit der Eröffnung nicht erlischt.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO nicht nur für das Geschäftsjahr gilt, in welchem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt, sondern auch für die Bestellung von Abschlussprüfern in vorangegangenen Geschäftsjahren[3]. § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO ist mithin auf die Bestellung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Abschlussprüferin für das Geschäftsjahr 2013 der Schuldnerin anwendbar.
Nach einer Auffassung im Schrifttum soll die Reichweite des § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO im Hinblick auf seinen Wortlaut allerdings auf die Fortwirkung der Auswahlentscheidung der Gesellschafter- oder Hauptversammlung gemäß § 318 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB (iVm § 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG) beschränkt sein, während mit Bezug auf den Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Schuldnerin und Prüfer §§ 115, 116 InsO anzuwenden seien. Denn das Gesetz verwende den Begriff der „Bestellung“, welcher in Übereinstimmung mit der bereits bei Inkrafttreten der Insolvenzordnung bekannten handels- und aktienrechtlichen Terminologie gerade nicht den der Auswahlentscheidung der Gesellschafter nachfolgenden Prüfungsauftrag umfasse[4]. Nach der überwiegenden Auffassung beinhaltet § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO hingegen als lex specialis eine Durchbrechung der §§ 115, 116 InsO mit der Folge, dass auch der vor Insolvenzeröffnung abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag und der daraus folgende Vergütungsanspruch des Abschlussprüfers fortbestehen[5]. Die herrschende Meinung verdient den Vorzug.
§ 155 Abs. 3 Satz 2 InsO verwendet den Begriff der Bestellung nicht in einer auf den Wahlvorgang beschränkten Bedeutung. Der Begriff der Bestellung ist als zusammenfassender Oberbegriff für den in der Wahl des Abschlussprüfers liegenden korporationsrechtlichen Bestellungsakt[6] und die nachfolgende schuldrechtliche Beauftragung des Prüfers durch die Gesellschaft als mehraktigen Vorgang anzusehen[7]. Zudem spricht auch § 318 HGB mit seiner amtlichen Überschrift „Bestellung und Abberufung“ von dem gesamten Vorgang von der Wahl durch die Gesellschafter bis zum Vertragsabschluss zwischen Gesellschaft und Prüfer.
Die Materialien zur Insolvenzordnung[8] belegen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Bestellung in § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO in diesem umfassenderen Sinn verstanden und gemeint hat. Denn danach soll der vor Insolvenzeröffnung gewählte Abschlussprüfer, dem „der Prüfungsauftrag erteilt worden war…berechtigt bleiben, den Jahresabschluss“ zu prüfen. Aus dieser Formulierung folgt, dass der Gesetzgeber von einem Fortbestehen (auch) des Geschäftsbesorgungsvertrags nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausging. Anderenfalls hätte es nahegelegen, an dieser Stelle der Gesetzesbegründung hinsichtlich des Prüfungsauftrags im Hinblick auf §§ 115, 116 InsO auf die Notwendigkeit von dessen Neubegründung durch Insolvenzverwalter und Prüfer zu verweisen.
Vor diesem Hintergrund kommt auch dem systematischen Gesichtspunkt, dass sich § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO im vierten Teil und nicht im zweiten Abschnitt des dritten Teils der Insolvenzordnung über die Erfüllung der Rechtsgeschäfte findet, keine ausschlaggebende, gegen die Annahme einer Verdrängung der §§ 115, 116 InsO durch diese Vorschrift sprechende Bedeutung zu.
Die Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die Vergütungsforderung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei insgesamt als Masseverbindlichkeit einzustufen, trifft hingegen nicht zu. Vielmehr ist für die Zeit vor und die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu unterscheiden. Der Honoraranspruch der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stellt sich als bloße Insolvenzforderung gemäß §§ 38, 87 InsO dar, soweit er auf Leistungen beruht, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden. Nur ihre nach diesem Zeitpunkt erbrachte Tätigkeit und die daran anknüpfende Vergütungsforderung begründete gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO eine Masseverbindlichkeit.
Die Frage der rechtlichen Einordnung des Vergütungsanspruchs aus einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO fortwirkenden Prüfungsauftrag ist umstritten. Nach einer Auffassung, der auch das Oberlandesgericht Düsseldorf gefolgt ist, ist der Vergütungsanspruch in einem solchen Fall einheitlich als Masseverbindlichkeit anzusehen[9]. Nach der Gegenauffassung liegt eine Masseverbindlichkeit nur für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor, hinsichtlich der Vergütung der Tätigkeit des Abschlussprüfers in der Zeit davor sei hingegen eine bloße Insolvenzforderung anzunehmen[10]. Diese Ansicht trifft zu.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und eines Teils des zitierten Schrifttums[11] kann die Annahme einer Masseverbindlichkeit für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht auf § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Nach dieser Bestimmung sind Masseverbindlichkeiten solche Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.
Der Anspruch der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist nicht durch eine Handlung des Insolvenzverwalters im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO begründet worden. Der Geschäftsbesorgungsvertrag wurde vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters geschlossen.
Die Verbindlichkeit wurde auch nicht in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO). Voraussetzung hierfür wäre, dass die Verbindlichkeiten durch die Insolvenzverwaltung ausgelöst wurden oder jedenfalls einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweisen[12]. Daran fehlt es, soweit es um die hier in Rede stehende vorinsolvenzliche Tätigkeit des Abschlussprüfers geht.
Die Annahme einer Masseverbindlichkeit für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt sich auch nicht aus § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO. Nach dieser Bestimmung sind Masseverbindlichkeiten Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss.
Außer Frage steht, dass der von der Norm vorausgesetzte hier aus § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO folgende gesetzliche Erfüllungszwang dazu führt, dass die Vergütungsforderung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Abschlussprüferin nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO insoweit eine Masseverbindlichkeit darstellt, als die Forderung auf ihrer Prüftätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruht.
Hingegen stellen Ansprüche des Gläubigers aus einem gegenseitigen Vertrag, wenn die Leistung teilbar ist, nur eine Insolvenzforderung dar, soweit sie den Teil der Leistung betreffen, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht worden ist. Dies gilt auch im Fall des § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO für Leistungen des Abschlussprüfers.
Ein solcher Ansatz entspricht dem in § 105 InsO enthaltenen Rechtsgedanken. § 105 Satz 1 InsO sieht vor, dass der Vergütungsanspruch gegen den Schuldner nur Insolvenzforderung ist, soweit er auf zum Zeitpunkt der Eröffnung von dem anderen Teil bereits erbrachte Teilleistungen entfällt. Dahinter steht, dass der teilweise vorleistende Vertragspartner des Schuldners hinsichtlich seines auf die Zeit vor der Eröffnung entfallenden Zahlungsanspruchs nicht besser behandelt werden soll als derjenige, der zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig vorgeleistet hat und daher insgesamt nur Insolvenzgläubiger ist. Neben der Gläubigergleichbehandlung sollen auch der Schutz der Masse und die Sanierungschancen des Schuldners sichergestellt werden[13].
Für den Fall des § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO gilt Entsprechendes. Auch der Abschlussprüfer, der nur einen Teil seiner Tätigkeit vor Eröffnung erbracht hat, kann nicht besser stehen als derjenige, der seine Prüfung zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig abgeschlossen hat und insgesamt nur Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO ist[14]. Wie andere Gläubiger auch kann sich der Abschlussprüfer vor den Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Leistungen im Übrigen durch die Vereinbarung von Vorschuss- oder Abschlagszahlungen schützen.
Für die Teilbarkeit entsprechend dem Rechtsgedanken des § 105 InsO kommt es nicht darauf an, dass sich der wirtschaftliche Wert der Tätigkeit des Abschlussprüfers letztendlich erst mit deren Abschluss, also vor allem der Erteilung des Testats gemäß § 322 HGB, sichtbar im Vermögen des Schuldners niederschlägt und die vorangegangene Tätigkeit unter diesem Gesichtspunkt als bloße Leistungsvorbereitung angesehen werden mag. Maßgeblich ist ein weiter Begriff der Teilbarkeit, für den allein entscheidend ist, ob sich die vor und nach Eröffnung erbrachten Leistungen des anderen Teils hinreichend voneinander abgrenzen und bewerten lassen. Auch höchstpersönliche Leistungen können danach teilbar sein.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 105 InsO (und bereits zu § 17 KO nach Aufgabe der sogenannten Einheitslösung mit Urteil vom 04.05.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336, 340) ist der Teilbarkeitsbegriff weiter gefasst als in der Rechtsprechung zum vormaligen § 36 Abs. 2 Satz 1 VerglO[15]. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Teilbarkeit nicht erst dann vor, wenn sich die fragliche Leistung in hinreichend verselbständigte Teile aufspalten lässt. Es genügt vielmehr, dass sich der Wert der erbrachten Teilleistung und ein auf sie entfallender Anteil der Gegenleistung im Verhältnis zur Gesamtleistung und Gesamtvergütung objektiv bestimmen lassen, erforderlichenfalls mit sachverständiger Hilfe[16]. Der Bundesgerichtshof versteht den Begriff der Teilbarkeit in seiner Rechtsprechung damit im denkbar weitesten Sinne[17]. Die Teilbarkeit ist mit anderen Worten der Regelfall[18].
Im Schrifttum ist diese Rechtsprechung überwiegend auf Zustimmung gestoßen[19]. Der Bundesgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest.
Die Beurteilung, dass der Gläubiger seine Leistung bereits teilweise erbracht hat, setzt nicht zwingend voraus, dass vor der Insolvenzeröffnung schon etwas in das Vermögen des Schuldners gelangt ist[20]. Eine erbrachte Teilleistung des anderen Teils liegt bei Werk- und Werklieferungsverträgen über eine nicht vertretbare Sache (§ 650 Abs. 1 Satz 2 BGB) vielmehr regelmäßig vor, wenn dieser Leistung nach den für eine Kündigung aus wichtigem Grund geltenden Maßstäben ein Teil des Vergütungsanspruchs zugeordnet werden kann, weil und soweit sich die erbrachte Leistung feststellen und bewerten lässt.
Der Bundesgerichtshof ist in seiner bisherigen Rechtsprechung sowohl zu einem (Bau-)Werkvertrag[21] als auch einem Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare Sache[22] davon ausgegangen, dass der andere Teil bereits vor Insolvenzeröffnung eine wertschöpfende (Teil)Leistung erbracht hat und sich diese von der Gesamtleistung abgrenzen und bewerten lässt. Indem der andere Teil eine solche Teilleistung als Vorleistung erbringt, ohne hierfür den Schutz des § 320 BGB in Anspruch zu nehmen, übernimmt er für seinen Gegenanspruch insoweit das Insolvenzrisiko des Schuldners.
Dabei hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass bei der Ermittlung des anteiligen Werklohns dieselben Maßstäbe anzuwenden sind, wie wenn der Bauvertrag im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus wichtigem Grund gekündigt worden wäre[23]. Es kommt danach auf das Wertverhältnis an, in welchem die bisher erbrachten Leistungen des anderen Teils zu den nach Insolvenzeröffnung noch zu erbringenden Leistungen stehen[24]. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass für die Frage, ob der andere Teil bereits eine wertschöpfende Teilleistung erbracht hat, bei Werk- und Werklieferungsverträgen über nicht vertretbare Sachen (§ 650 Abs. 1 Satz 2 BGB) darauf abgestellt werden kann, ob im Falle der Kündigung aus wichtigem Grund ein Vergütungsanspruch bestünde.
Eine abweichende Betrachtung für geistige Werke – wie das des Abschlussprüfers – ist nicht geboten. Auch bei dem Abschlussprüfervertrag steht die kontinuierliche Leistungserbringung, die Schöpfung des Werks, durch den Einsatz von Personal und Sachmitteln im Rahmen der Prüfung im Vordergrund der Tätigkeit. Mit dem gemäß § 322 Abs. 1 Satz 1 HGB am Ende zu erteilenden Testat wird die Leistung des Abschlussprüfers nur formal abgeschlossen, wenn auch der gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB offenzulegende Bestätigungs- oder Versagungsvermerk als Gesamturteil über den Jahresabschluss des Unternehmens für sich betrachtet von erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere für das geprüfte Unternehmen, die Anteilseigner und die Öffentlichkeit, ist[25]. Für die Würdigung im vorliegenden Zusammenhang kommt es jedoch allein darauf an, dass sich die vor und nach Insolvenzeröffnung erbrachten Tätigkeiten auch im Fall der Abschlussprüfung voneinander abgrenzen und bewerten lassen.
Das ist wie beim Bauvertrag zu bejahen. Auch im Falle des Widerrufs des Prüfungsauftrages gemäß § 318 Abs. 1 Satz 5 HGB durch die Gesellschaft oder der Kündigung durch den Prüfer gemäß § 318 Abs. 6 Satz 1 HGB ist es grundsätzlich möglich und erforderlich, die bis dahin erbrachten Leistungen gemäß den allgemeinen Regeln des Zivilrechts zu bewerten, um den bestehenden Teilvergütungsanspruch des Prüfers[26] bestimmen zu können[27]. Die Vornahme der entsprechenden Bewertung obliegt dem Tatrichter, der sich sachverständiger Hilfe bedienen kann.
Der Teilbarkeit der Leistung der Insolvenzverwalter steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine höchstpersönliche Leistung handelte.
Die Abschlussprüfung ist als eine höchstpersönliche Leistung in diesem Sinne anzusehen[28]. Der bestellte Prüfer hat gemäß § 322 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 HGB den schriftlichen Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über seine Versagung zu unterzeichnen. Im Fall der Gemeinschaftsprüfung (§ 322 Abs. 6a HGB) haben alle bestellten Personen zu unterzeichnen (§ 322 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 HGB). Ist der Abschlussprüfer wie im vorliegenden Fall eine Prüfungsgesellschaft, muss die Unterzeichnung zumindest durch den Wirtschaftsprüfer erfolgen, der die Abschlussprüfung für seine Gesellschaft durchgeführt hat (§ 322 Abs. 7 Satz 3 HGB). Entsprechendes ergibt sich aus § 321 Abs. 5 Satz 1 HGB für den Prüfungsbericht gemäß § 321 Abs. 1 Satz 1 HGB, in den das Testat gemäß § 322 Abs. 7 Satz 2 HGB aufzunehmen ist. Fällt der beauftragte Wirtschaftsprüfer vor Beendigung des Auftrags aus oder kann er aus sonstigen Gründen seine Arbeitsergebnisse nicht persönlich unterzeichnen, bedarf es daher der Bestellung eines neuen Abschlussprüfers[29].
Nach einer Auffassung wird bei höchstpersönlichen Leistungen allgemein eine Teilbarkeit verneint[30]. Nach anderer Meinung kommt eine Teilbarkeit grundsätzlich auch dann in Betracht[31].
Die zuletzt genannte Auffassung trifft jedenfalls insoweit zu, als es um höchstpersönliche Leistungen des Vertragspartners des Schuldners geht, deren vor und nach Insolvenzeröffnung erbrachte Anteile sich entsprechend den vorgenannten Grundsätzen ihrem Wert nach objektiv bestimmen und voneinander abgrenzen lassen. Dann ist es auch möglich, hinsichtlich des Vergütungsanspruchs einerseits einen Teil, der Insolvenzforderung ist, und andererseits einen Teil, der Masseverbindlichkeit ist, zu unterscheiden.
Selbst bei einer Pauschalpreisabrede ist es bei der gebotenen objektiven Betrachtung und erforderlichenfalls unter Hinzuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen möglich, die vor und nach Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen des Abschlussprüfers und somit auch den darauf jeweils entfallenden Vergütungsanteil nach dem genannten Maßstab zu ermitteln und zu bewerten[32].
Soweit das Schrifttum[33] dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.02.2001[34] entnommen hat, auch der Bundesgerichtshof tendiere zu der bislang herrschenden Meinung und ziehe ebenfalls eine generelle Unteilbarkeit von höchstpersönlichen Leistungen in Erwägung, trifft das nicht zu. Der Verweis der Revisionserwiderung auf eine ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofs[35] in diesem Zusammenhang ist unrichtig. Diese Entscheidung betraf die Frage der Teilbarkeit von Leistungen aus einem Bauvertrag, mithin nicht höchstpersönliche Leistungen und ist zudem durch die nachfolgende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs[36] überholt. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.11.2019[37] folgt nichts für die Teilbarkeit höchstpersönlicher Leistungen. Soweit danach eine Teilbarkeit bei Anwaltsverträgen regelmäßig nicht in Betracht kommt, betraf dies allein Anwaltsverträge, bei denen sich der Vergütungsanspruch des Anwalts nach der gesetzlichen Vergütung richtet. Das genannte Urteil des Bundesgerichtshofs beruhte somit auf den Besonderheiten der Vergütungstatbestände des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Richtet sich die Vergütung eines Rechtsanwalts hingegen nach einem Stundenhonorar, ist sie teilbar[38]. Die Vergütung des Abschlussprüfers wird nicht durch gesetzliche Gebühren bestimmt.
In einer Fallgestaltung, in welcher der andere Teil die ihm obliegende, vor Insolvenzeröffnung begonnene Leistung kraft gesetzlicher Anordnung wie im vorliegenden Fall gemäß § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO oder aufgrund einer Erfüllungswahl des Verwalters gemäß § 103 Abs. 1 InsO auch nach Insolvenzeröffnung weiter zu erbringen hat, greift auch die Überlegung nicht durch, die höchstpersönliche Teilleistung habe für den Vertragspartner regelmäßig kein Interesse, weil sie nicht von einem Dritten vollendet werden könne und für den Anspruchsberechtigten daher letztlich wertlos sei[39]. Die Verpflichtung zur vollständigen Leistungserbringung wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dann nämlich gerade nicht in Frage gestellt[40]. Demgemäß kommt auch dem Aspekt, dass es für den Wert der Abschlussprüfung entscheidend auf die abschließende Erteilung des Bestätigungsvermerks ankomme[41], keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
Für den Bundesgerichtshof stellt es schließlich kein durchgreifendes Argument für die Gegenauffassung dar, dass diese einen Gleichlauf mit dem Fall der Bestellung des Abschlussprüfers erst im Insolvenzverfahren (§ 155 Abs. 3 Satz 1 InsO) erreicht. Ein solcher Gleichlauf ist nicht geboten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. April 2022 – IX ZR 69/21
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2021 – I5 U 91/20, ZInsO 2021, 1911[↩]
- BGH, Urteil vom 01.02.2000 – X ZR 198/97, WM 2000, 973; vom 07.03.2002 – III ZR 12/01, WM 2002, 2248, 2249 f; vom 26.01.2017 – IX ZR 285/14, BGHZ 213, 374 Rn. 14; vgl. auch BGH, Beschluss vom 08.05.2018 – II ZB 17/17, ZIP 2018, 1358 Rn. 9 sowie ausführlich zum Geschäftsbesorgungscharakter Röhl/Hidding, WM 2021, 1729 f[↩]
- BGH, Beschluss vom 08.05.2018, aaO Rn. 12 ff[↩]
- Klerx, NZG 2003, 943, 944; Ebke in Festschrift Hopt, 2010, S. 559, 577 ff[↩]
- vgl. OLG Frankfurt, ZInsO 2004, 95, 96 und ZIP 2021, 1978, 1980; MünchKomm-InsO/Jaffé, 4. Aufl., § 155 Rn. 21; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 155 Rn. 24; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2016, § 155 Rn. 70; HK-InsO/Depré, 10. Aufl., § 155 Rn. 16; FK-InsO/Boochs/Nickel, 9. Aufl., § 155 Rn. 244; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 6. Aufl., § 155 Rn. 27; Schmidt/Schmittmann, InsO, 19. Aufl., § 155 Rn. 58; Jaeger/Eckardt, InsO, § 155 Rn. 113; Müller/Gelhausen in Festschrift Claussen, 1997, S. 687, 696; Kniebes, ZInsO 2015, 383, 385; Gehrlein, ZInsO 2019, 697, 703; Kaiser/Berbuer, ZIP 2017, 161, 162; Hillebrand, ZInsO 2019, 774, 776; vgl. auch BGH, Beschluss vom 08.05.2018 – II ZB 17/17, ZIP 2018, 1358 Rn. 9[↩]
- Ebke in Festschrift Hopt, 2010, S. 559, 577[↩]
- vgl. OLG Naumburg, OLGR Naumburg, 2005, 275; Beck’scher Bilanz-Kommentar/Schmidt/Heinz, 12. Aufl., § 318 Rn. 1; BeckOK-HGB/Schorse/Morfeld, 2021, § 318 Rn. 3; Müller/Gelhausen, aaO; Kniebes, aaO S. 384; Kaiser/Berbuer, aaO S. 161[↩]
- BT-Drs. 12/2443, S. 172 f zu § 174 RegE-InsO[↩]
- vgl. HK-InsO/Depré, 10. Aufl., § 155 Rn. 16; Jaeger/Eckardt, InsO, § 155 Rn. 113; Gehrlein, ZInsO 2019, 697, 704 f; ders., ZInsO 2021, 1915 f; Hillebrand, ZInsO 2019, 774, 776[↩]
- vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2021, 1978, 1980[↩]
- Jaeger/Eckardt, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 12.01.2017 – IX ZR 87/16, NZI 2017, 228 Rn.19; vom 28.11.2019 – IX ZR 239/18, BGHZ 224, 177 Rn. 31; ebenso BVerwG, NJW 2010, 2152 Rn. 14; BFH, ZIP 2011, 1728 Rn. 13 f[↩]
- BGH, Urteil vom 27.02.1997 – IX ZR 5/96, BGHZ 135, 25, 28 f[↩]
- ebenso OLG Frankfurt, ZIP 2021, 1978, 1981[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 10.03.1994 – IX ZR 236/93, BGHZ 125, 270, 274 f mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.05.1995, aaO S. 344 f; vom 22.02.2001 – IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28, 34; vom 25.04.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 358 f[↩]
- Fischer, NZI 2002, 281, 283; Pape, NJW 2002, 1165, 1173[↩]
- Uhlenbruck/Wegener, InsO, 15. Aufl., § 105 Rn. 7; FK-InsO/Wegener, 9. Aufl., § 105 Rn. 7; Scherer, NZI 2004, 113, 115[↩]
- vgl. MünchKomm-InsO/Huber, 4. Aufl., § 105 Rn. 14; Uhlenbruck/Wegener, aaO; FK-InsO/Wegener, aaO; HmbKomm-InsO/Ahrendt, 9. Aufl., § 105 Rn. 4; Jaeger/Jacoby, InsO, 2. Aufl., § 105 Rn 25; BK-InsO/Goetsch, 2006, § 105 Rn. 9 ff; KK-InsO/Hess, § 105 Rn. 6; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 105 Rn. 8 ff; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 6. Aufl., § 105 Rn. 4 ff; Gottwald/Haas/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 36 Rn. 4; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 105 Rn. 3; Braun/Kroth, InsO, 8. Aufl., § 105 Rn. 4; Kreft in Festschrift Uhlenbruck, 2000, S. 387, 396; Thode, ZfIR 2000, 165, 180; Huber, NZI 2002, 467, 470; Fischer, aaO; Pape, aaO; Scherer, aaO S. 117; ablehnend und einer ähnlichen Begriffsbestimmung wie der des Bundesgerichtshofs zu § 36 Abs. 2 VerglO folgend HK-InsO/Marotzke, 10. Aufl., § 105 Rn. 8; ebenfalls für ein engeres Verständnis Meyer, NZI 2001, 294, 298; ders., NZI 2014, 679 ff; Hoffmann KTS 2018, 343, 371; im Ergebnis auch Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2016, § 105 Rn. 8 ff[↩]
- aA Jaeger/Jacoby, InsO, 2. Aufl., § 105 Rn. 11 f; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 105 Rn. 14; Uhlenbruck/Wegener, 15. Aufl., § 105 Rn. 12[↩]
- BGH, Urteil vom 04.05.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336, 340 ff; vom 25.04.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 358 f[↩]
- BGH, Urteil vom 22.02.2001 – IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28, 33 f[↩]
- BGH, Urteil vom 25.04.2002, aaO S. 364[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2001, aaO S. 34[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2020 – VII ZR 236/19, WM 2020, 987 Rn. 28; MünchKomm-Bilanzrecht/Bormann, § 322 HGB Rn. 3 f[↩]
- entsprechend § 628 Abs. 1 Satz 1, § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB[↩]
- vgl. MünchKomm-HGB/Ebke, 4. Aufl., § 318 Rn. 117, 148; Mylich/Müller in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, 2. Aufl., § 318 Rn. 147; Großkomm-HGB/Habersack/Schürnbrand, 5. Aufl., § 318 Rn. 86; Dißars, BB 2005, 2231, 2233; vgl. auch BGH, Urteil vom 21.01.2010 – Xa ZR 175/07, WM 2010, 410 Rn. 24[↩]
- vgl. Hense/Ulrich/Förster, WPO, 3. Aufl., § 32 Rn. 5, 20; Gehrlein, ZInsO 2019, 697, 704; Hillebrand, ZInsO 2019, 774, 776[↩]
- vgl. Hense/Ulrich/Förster, aaO Rn. 6[↩]
- vgl. MünchKomm-InsO/Huber, 4. Aufl., § 105 Rn. 22; FK-InsO/Wegener, 9. Aufl., § 105 Rn. 9; HmbKomm-InsO/Ahrendt, 9. Aufl., § 105 Rn. 4; Andres/Leithaus, InsO, 4. Aufl., § 105 Rn. 3; Gottwald/Haas/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 36 Rn. 4; Thode, ZfIR 2000, 165, 181; Gehrlein, ZInsO 2019, 697, 704; Hillebrand, ZInsO 2019, 774, 776[↩]
- BAGE 132, 333 Rn. 29 ff für einen Rechtsanwalt; OLG Frankfurt, ZIP 2021, 1978, 1980 für einen Abschlussprüfer; Uhlenbruck/Wegener, InsO, 15. Aufl., § 105 Rn. 11; Jaeger/Jacoby, InsO, 2. Aufl., § 105 Rn. 28; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 105 Rn. 11[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.05.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336, 344 f; vom 22.02.2001 – IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28, 34; vom 25.04.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 358 f; Uhlenbruck/Wegener, aaO; Jaeger/Jacoby, aaO[↩]
- vgl. etwa Uhlenbruck/Wegener, aaO; Jaeger/Jacoby, aaO[↩]
- IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28, 33 f[↩]
- Urteil vom 21.10.1976 – VII ZR 335/75, BGHZ 67, 242, 246 ff[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.05.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336, 340 f; vom 22.02.2001, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 28.11.2019 – IX ZR 239/18, BGHZ 224, 177 Rn. 42[↩]
- BAGE 132, 333 Rn. 23, 33[↩]
- vgl. MünchKomm-InsO/Huber, 4. Aufl., § 105 Rn. 22[↩]
- vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2021, 1978, 1980; Uhlenbruck/Wegener, InsO, 15. Aufl., § 105 Rn. 11; Jaeger/Jacoby, InsO, 2. Aufl., § 105 Rn. 28[↩]
- vgl. Gehrlein, ZInsO 2019, 697, 704; ders. ZInsO 2021, 1915, 1916; Dahl/Taras, NJW-Spezial 2021, 501, 502[↩]