Nach der Finanzgerichtsordnung vertretungsberechtigte Personen müssen dem Gericht Schriftsätze und deren Anlagen als elektronisches Dokument übermitteln, wenn ihnen dafür ein sicherer Übertragungsweg zur Verfügung steht. Steuerberatern steht seit dem 01.01.2023 durch das besondere elektronische Steuerberaterpostfach ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung.
Eine per Telefax eingegangene Revision ist mithin nicht in der gebotenen Form eingereicht worden. Der Formverstoß führt zur Unwirksamkeit und schließt damit insbesondere eine Fristwahrung aus[1].
Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind nach § 52d Satz 1 FGO als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gleiches gilt nach § 52d Satz 2 FGO für die nach der Finanzgerichtsordnung vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht.
Für die in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO genannten Steuerberater steht seit dem 01.01.2023 ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung; denn seit dem 01.01.2023 (§ 157e des Steuerberatungsgesetzes -StBerG-) richtet die BStBK über die Steuerberaterplattform für jeden Steuerberater ein beSt empfangsbereit ein (§ 86d Abs. 1 Satz 1 StBerG). Steuerberater sind ab diesem Zeitpunkt nach § 52d Satz 2 FGO nutzungspflichtig[2].
Dem Kläger ist auf seinen Antrag hin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er hat nicht hinreichend dargelegt, dass er ohne Verschulden daran gehindert war, die Frist zur Einlegung der Revision einzuhalten.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm gemäß § 56 Abs. 1 FGO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. In formeller Hinsicht setzt die Gewährung der Wiedereinsetzung voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO) nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll.
Jedes Verschulden -mithin auch einfache Fahrlässigkeit- schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Nach § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 Satz 1 FGO muss sich jeder Beteiligte das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen[3].
Ausgehend davon erfüllt der Wiedereinsetzungsantrag vom 22.02.2023 schon nicht die Darlegungsanforderungen. Der Kläger erläutert nicht, weshalb der für die prozessbevollmächtigte Kanzlei handelnde Steuerberater ohne Verschulden daran gehindert war, von der Nutzung der „Fast Lane“ Gebrauch zu machen, um die Revision rechtzeitig einzureichen.
Dass die Möglichkeit der Nutzung der „Fast Lane“ für Berufsträger, die aktiv in die finanzgerichtliche Kommunikation eingebunden sind, besteht, war dem für die prozessbevollmächtigte Kanzlei handelnden Steuerberater nach eigenen Angaben bereits vor Ablauf der Revisionseinlegungsschrift bekannt. Dass er gleichwohl ohne Verschulden darauf vertrauen durfte, die reguläre Versendung der Registrierungsbriefe abzuwarten und bis zur Registrierung noch Schriftsätze in nicht elektronischer Form einzureichen, hat er nicht schlüssig dargelegt.
Gerade die Einrichtung der „Fast Lane“ macht deutlich, dass auch nach Auffassung der BStBK ein Weg eröffnet werden musste, der aus dringenden, insbesondere fristwahrenden Gründen eine schnelle Registrierung ermöglichen sollte. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Rechtsauffassung des Klägers zutreffend wäre, Steuerberater seien erst ab der normalen Registrierung zur Abgabe von Schriftsätzen über das beSt verpflichtet.
Hinzu kommt, dass bereits vor der Frist für die Einreichung der Revision BFH, Beschlüsse veröffentlicht waren, die zur Verpflichtung zur Einreichung elektronischer Schriftsätze durch Rechtsanwälte ab dem 01.01.2022 ergangen waren[4]. Darin wird unmissverständlich deutlich, dass ab der Nutzungsverpflichtung nur noch elektronisch eingereichte Schriftsätze fristwahrend sein können. Angesichts dessen konnten der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nicht darauf vertrauen, dass für Steuerberater ab dem 01.01.2023 etwas anderes gelten würde.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 8. Mai 2024 – II R 3/23
- BFH, Beschlüsse vom 28.04.2023 – XI B 101/22, BFHE 279, 523, BStBl II 2023, 763, Rz 11, m.w.N.; vom 02.02.2024 – VI S 23/23, BFH/NV 2024, 415, Rz 10; und vom 23.08.2022 – VIII S 3/22, BFHE 276, 566, BStBl II 2023, 83, Rz 9, zur Einreichung eines Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt nach dem 01.01.2022[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse vom 28.04.2023 – XI B 101/22, BFHE 279, 523, BStBl II 2023, 763, Rz 13; und vom 02.02.2024 – VI S 23/23, BFH/NV 2024, 415, Rz 6; Brandis in Tipke/Kruse, § 52d FGO Rz 1; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 52d FGO Rz 15[↩]
- BFH, Beschluss vom 28.04.2023 – XI B 101/22, BFHE 279, 523, BStBl II 2023, 763, Rz 17, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse vom 27.04.2022 – XI B 8/22, BFH/NV 2022, 1057; und vom 23.08.2022 – VIII S 3/22, BFHE 276, 566, BStBl II 2023, 83[↩]