Keine vorläufige Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Finanzgericht

Über den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) entscheidet das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 33 Abs. 8 RVG). Der Antrag auf (vorläufige) Festsetzung des Gegenstandswerts gemäß § 33 Abs. 1 RVG kann nicht auf das Recht auf Vorschuss gemäß § 9 RVG gestützt werden.

Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs auf Antrag den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit durch Beschluss selbständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder wenn es an einem solchen Wert fehlt. Nach Abs. 2 der Vorschrift ist der Antrag erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist.

Danach ist eine Wertfestsetzung in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Verfahren bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an der Fälligkeit der Vergütung fehlt. Gemäß § 8 Abs. 1 RVG ist die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist beziehungsweise -sofern der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig wird- wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Hieran fehlt es im vorliegenden Beschwerdeverfahren.

Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts kann auch nicht auf das Recht auf Vorschuss gemäß § 9 RVG gestützt werden[1]. Daraus, dass der Prozessvertreter gemäß § 9 RVG einen Vorschuss verlangen kann, folgt nicht, dass für diese Zwecke ein Wert festzusetzen ist, denn der Prozessbevollmächtigte kann den aus seiner Sicht zutreffenden Wert zugrunde legen und danach den Vorschuss verlangen[2].

Zudem kommt die vom Antragsteller begehrte Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 RVG nicht in Betracht, weil sich die Anwaltsgebühren im Streitfall nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert berechnen und es an einem solchen Wert -auch ohne gerichtliche Festsetzung- nicht fehlt[3].

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG sind bei der Bemessung des Gegenstandswerts für das gerichtliche Verfahren die Wertvorschriften für die Gerichtsgebühren heranzuziehen. Nach § 52 Abs. 1 GKG bemisst sich der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache. Dabei entspricht der Streitwert des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde regelmäßig dem Streitwert des vorangegangenen Klageverfahrens. Maßgebend ist grundsätzlich der im Urteil des Finanzgericht wiedergegebene Klageantrag, wie er in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt worden ist[4]. Allerdings darf der Streitwert nicht unter einem Mindestbetrag von 1.500 € (§ 52 Abs. 4 GKG) angenommen werden[5].

Der hier gestellte Antrag auf Festsetzung des Gegenstands war auch nicht als Antrag auf Streitwertfestsetzung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zu verstehen. Zum einen hat der Antragsteller ausdrücklich eine Wertfestsetzung gemäß § 33 RVG beantragt, zum anderen wäre auch eine vorläufige Streitwertfestsetzung unzulässig[6].

Über den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 RVG entscheidet das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 33 Abs. 8 RVG)[7].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30. Oktober 2023 – IV S 26/23

  1. LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.03.2006 – 2 Ta 54/06, Rz 5; Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, Kap. 14, B. Verfahrenswert Rz 202; Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Gegenstandswert, Festsetzung (§ 33 RVG) Rz 1020; Toussaint/Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., § 33 RVG Rz 18[]
  2. vgl. z.B. LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.03.2006 – 2 Ta 54/06, Rz 5[]
  3. vgl. BFH, Beschlüsse vom 15.12.2014 – VII S 37/14, Rz 2; und vom 29.09.2010 – VI S 6/10, Rz 4[]
  4. vgl. BFH, Beschluss vom 29.02.2012 – IV E 1/12, Rz 9[]
  5. vgl. BFH, Beschluss vom 29.09.2010 – VI S 6/10[]
  6. vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 17.11.2015 – III S 11/15[]
  7. vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 15.12.2014 – VII S 37/14, Rz 1; BGH, Beschluss vom 11.04.2023 – I ZB 55/22, Rz 3[]