Die fehlerhafte Forderungsbewertung – und die Haftung des Wirtschaftsprüfers

Die Erteilung eines unrichtigen Testats für einen Jahresabschluss durch einen Wirtschaftsprüfer kann bei einer besonders schwerwiegenden Verletzung der Sorgfaltspflichten sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB sein. Als sittenwidrig ist dabei zu beurteilen, dass der Auskunfterteilende aufgrund des Expertenstatus ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nimmt, selbst aber nicht im Mindesten den an einen Experten zu richtenden Maßstäben genügt. Der Sittenverstoß setzt ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten des Auskunftgebers voraus. Die Vorlage eines unrichtigen Bestätigungsvermerks allein reicht dabei nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der Wirtschaftsprüfer seine Aufgabe qualifiziert nachlässig erledigt, zum Beispiel durch unzureichende Ermittlungen oder durch Angaben ins Blaue hinein, und dabei eine Rücksichtslosigkeit an den Tag legt, die angesichts der Bedeutung des Bestätigungsvermerks für die Entscheidung Dritter als gewissenlos erscheint[1]. Ob dies der Fall ist, kann nur dann sachgerecht beantwortet werden, wenn vorher geklärt wird, ob und in welchen Punkten der Jahresabschluss objektive Fehler enthält[2].

Die fehlerhafte Forderungsbewertung – und die Haftung des Wirtschaftsprüfers

Nach diesen Maßstäben ist zunächst entscheidend, in welchem Umfang die Ansprüche gegen die Fonds werthaltig waren, wobei das Oberlandesgericht Düsseldorf in der Vorinstanz[3] zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Forderungen zu aktivieren waren, weil die Gefahr auf den Käufer übergegangen und der Gewinn damit realisiert war[4].

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Januar 2022 – III ZR 194/19

  1. vgl. BGH, Urteile vom 12.03.2020 – VII ZR 236/19, VersR 2020, 1120 Rn. 35; vom 19.11.2013 – VI ZR 336/12, NJW 2014, 383 Rn. 10; und vom 26.09.2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 202; jeweils mwN[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, VersR 1987, 262[]
  3. OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2019 – I14 U 84/18[]
  4. vgl. u.a. BFHE 246, 155 Rn. 10; 210, 398, 400; Claussen in Kölner Kommentar zum Rechnungslegungsrecht, § 252 HGB Rn. 45; Böcking/Gros/Wirth in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 252 Rn. 30; Kreipl/Müller in Haufe, HGB Bilanz Kommentar, 10. Aufl., § 252 Rn. 106[]