Der Steuerberater im sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahren

Steuerberater dürfen in Anfrageverfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen nicht gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund als Verfahrensbevollmächtigte auftreten.

Der Steuerberater im sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahren

Eine derartige Tätigkeit eines Steuerberaters ist als Rechtsdienstleistungim Sinne des § 2 RDG einzustufen und stellt auch keine zulässige Nebenleistungim Sinne des § 5 RDG dar. Eine Vertretungsbefugnis kann zudem nicht aus § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG hergeleitet werden. Verfassungsrecht steht dieser vom Bundessozialgericht gewonnenen Auslegung nicht entgegen.

Nach § 13 Abs 1 S 1 SGB X kann sich ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens (dort) durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Gemäß § 13 Abs 5 SGB X (hier anzuwenden idF von Art 2 Nr 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2008, BGBl I 2418) sind Bevollmächtigte und Beistände jedoch zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG[1] Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 3 RDG wiederum ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze (zB für Steuerberater durch § 3 Nr 1 StBerG) erlaubt wird. Als Rechtsdienstleistung ist nach der in § 2 Abs 1 RDG enthaltenen Legaldefinition „jede Tätigkeit in konkreten fremden“ Angelegenheiten anzusehen, sobald sie eine „rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“.

Das Tätigwerden des Steuerberaters als Bevollmächtigter ist bereits im auf die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gerichteten Verwaltungsverfahren nach § 7a SGB IV als Erbringung einer Rechtsdienstleistungim Sinne von § 2 Abs 1 RDG zu werten.

Das Tätigwerden des Steuerberaters im streitigen Verwaltungsverfahren stellt eine „konkrete fremde“ Angelegenheitim Sinne von § 2 Abs 1 RDG dar; denn sie erfolgte hier im Einzelfall und lag im wirtschaftlichen Interesse eines Dritten[2], nämlich eines Mandanten des Steuerberaters, der als Arbeitgeber mit den sich aus §§ 28a ff SGB IV ergebenden Pflichten in Betracht kommt.

Das Merkmal des § 2 Abs 1 RDG, wonach zusätzlich zum Tätigwerden in einer fremden Angelegenheit eine „rechtliche Prüfung des Einzelfalls“ erforderlich sein muss, ist – wie die Deutsche Rentenversicherung Bund und das SG zutreffend angenommen haben – im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Steuerberaters ebenfalls zu bejahen. Bereits die Antragstellung und das Betreiben eines Verwaltungsverfahrens nach § 7a Abs 1 SGB IV mit dem in diesem Zusammenhang nach Abs 4 der Regelung vorgesehenen obligatorischen Anhörungsverfahren machen eine solche „rechtliche Prüfung“ erforderlich. Deswegen ist das Tätigwerden in einem solchen Fall nicht nur als für das Rechtsdienstleistungsrecht irrelevante bloße – schwerpunktmäßig eher im außerrechtlichen Bereich liegende – technische Leistung im Rahmen der Umsetzung von Rechtsvorschriften einzustufen.

Das Bundessozialgericht muss nicht entscheiden, ob eine „rechtliche Prüfung“ – in Anlehnung an die Gesetzesmaterialien zu § 2 RDG – (erst) dann vorliegt, wenn der vertretene Rechtsuchende eine „besondere“ rechtliche Betreuung oder Aufklärung erkennbar erwartet oder eine solche Betreuung bzw Aufklärung nach der Verkehrsanschauung erforderlich ist[3] oder ob insoweit – wegen der Nichtaufnahme eines Tatbestandsmerkmals „besondere“ in den Gesetzestext – (auch schon) alle Tätigkeiten erfasst sind, die über eine einfache rechtliche Prüfung und bloße Rechtsanwendung hinausgehen und die (nur) einer gewissen Sachkunde bedürfen[4]; denn selbst wenn man für die Annahme einer Rechtsdienstleistungim Sinne von § 2 Abs 1 RDG eine „besondere“ Prüfung der Rechtslage im Sinne eines juristischen Subsumtionsvorgangs verlangt, wäre im vorliegend zu beurteilenden Fall von der Erbringung einer Rechtsdienstleistung bereits im Verwaltungsverfahren – und nicht erst in einem Widerspruchsverfahren[5] – auszugehen. Dies folgt bereits aus der den Regelungsgegenstand des § 7a SGB IV bildenden Materie.

Das in § 7a SGB IV geregelte Anfrageverfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status einer erwerbstätigen Person wurde – in seiner optionalen Form – mit Wirkung zum 1.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999[6] eingeführt. Bezweckt war damit vor allem – außerhalb der Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV – die Schaffung einer Möglichkeit zur rechtssicheren Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status in einem transparenten Verfahren durch eine einzige bundesweit tätige Clearingstelle (= die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte). Mit diesem Verfahren sollten sich einander widersprechende Entscheidungen von Versicherungsträgern vermieden werden, sofern nicht bereits zuvor ein Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV eingeleitet worden war[7].

Mit Wirkung zum 1.01.2005 wurde die Regelung in Abs 1 S 2 dahin ergänzt, dass eine Einzugsstelle bei Anmeldung eines Beschäftigten, der Familienangehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist, obligatorisch ein Statusfeststellungsverfahren einzuleiten hat (vgl Art 4 Nr 3 Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt[8]). Darüber hinaus erfolgte zum 1.10.2005 (Art 5 Nr 2 Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09.12.2004, BGBl I 3242) eine der neuen Organisationsstruktur der gesetzlichen Rentenversicherung geschuldete sprachliche Anpassung, indem die früher der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zugewiesene Zuständigkeit auf die DRV Bund überging, sowie zum 1.01.2008 eine Ergänzung des Kriteriums der Familienzugehörigkeit um Abkömmlinge[9].

Rechtsfolge des Antragsverfahrens des § 7a SGB IV ist nach seinem Abs 6 S 1 ua, dass, wenn der Antrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird und die DRV Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt, die Versicherungspflicht – abweichend von den allgemeinen Regelungen in den einzelnen Versicherungszweigen der Sozialversicherung und des Arbeitsförderungsrechts – erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung eintritt, sofern der Beschäftigte zustimmt (Nr 1) und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht (Nr 2). Darüber hinaus wird der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 7a Abs 6 S 2 SGB IV – abweichend von den allgemeinen Regelungen in §§ 22, 23 SGB IV – erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.Bei optionalen Statusanfragen, zu denen ein Verwaltungsakt der DRV Bund erlassen wird, haben nach § 7a Abs 7 S 1 SGB IV Widerspruch und Klage – abweichend von § 86a Abs 2 Nr 1 SGG – aufschiebende Wirkung; zudem ordnet Satz 2 der Regelung an, dass – abweichend von der Sechs-Monats-Frist des § 88 Abs 1 S 1 SGG – die für die Erhebung einer Untätigkeitsklage geltende Frist auf Erlass einer Entscheidung (nur) drei Monate beträgt.

Für die Tätigkeit in den dargestellten Anfrageverfahren, in denen es um die Abgrenzung zwischen – kraft Gesetzes eintretender – Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung wegen (abhängiger) Beschäftigung einerseits oder die fehlende Versicherungspflicht aufgrund anzunehmender Selbstständigkeit geht, bedarf es typischerweise einer besonderen Sachkunde auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts. Schon mit der Frage, ob ein solches Verfahren – soweit es nicht ohnehin nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV obligatorisch durchzuführen ist – überhaupt durch entsprechende Antragstellung und (schon oder noch) zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeleitet wird, sind wegen der damit verbundenen weitreichenden und den Vorstellungen der jeweils beteiligten Personen möglicherweise widersprechenden versicherungs- und beitragsrechtlichen Konsequenzen ebenso generell erhöhte Anforderungen verbunden wie auch mit dem Vorbringen in einem solchen Verfahren.

Für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist in erster Linie die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG in den Blick zu nehmen, weil nur in Kenntnis der dort entwickelten Kriterien und entschiedenen Anwendungsfälle eine sach- und interessengerechte Wahrnehmung der rechtlichen Interessen eines Betroffenen gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund als einer auf die relevanten Fragestellungen spezialisierten Behörde möglich ist. Eine adäquate Vertretung und Interessenwahrnehmung „auf Augenhöhe“ mit dem Sozialversicherungsträger beschränkt sich typischerweise nicht in der bloßen Übermittlung und Weitergabe tatsächlicher Umstände an die Fachbehörde. Die Vertretung kann daher angemessen und verfahrenseffektiv nur dann in der gebotenen Weise erfolgen, wenn der Bevollmächtigte über fundierte Kenntnisse darüber verfügt, auf welche verfahrensrechtlichen, materiell-rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte es im Verfahren nach § 7a SGB IV im Einzelnen ankommt bzw ankommen kann. Die dabei zu beachtenden allgemeinen Grundsätze und die für die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale maßgebenden Umstände sind indessen überaus komplex: Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV, wonach „Beschäftigung“ als die nichtselbstständige Arbeit, „insbesondere“ in einem Arbeitsverhältnis definiert ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen[10].Dabei setzt die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit (vgl auch § 7a Abs 2 SGB IV) voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden[11].

Obwohl die Deutsche Rentenversicherung Bund im Zusammenhang mit dem Anfrageverfahren des § 7a SGB IV als sachlich zuständige Behörde besondere Ermittlungs, Anhörungs- und Darlegungspflichten treffen (vgl Abs 2 bis 5 der Regelung), müssen vor dem aufgezeigten Hintergrund schon im Antragsverfahren (und nicht erst im Widerspruchsverfahren[12]) die für die begehrte Verwaltungsentscheidung rechtlich erheblichen Zusammenhänge auch von den Anfragenden sorgfältig in den Blick genommen werden. Ein für einen Beteiligten in einem solchen Verfahren auftretender Bevollmächtigter muss dafür Sorge tragen und einschätzen können, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund auch tatsächlich alle für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen relevanten Umstände vollständig und zutreffend ermittelt und der von ihm vertretene Beteiligte dazu entsprechende Angaben macht. Er muss insbesondere auch solche rechtlichen Gesichtspunkte und Tatsachen erkennen und gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund kommunizieren können, die möglicherweise nicht standardmäßig in Antragsformularen der Deutschen Rentenversicherung Bund oder anderer Sozialversicherungsträgers abgefragt werden/wurden, die aber gleichwohl im Rahmen der Gesamtabwägung für die zu treffende abschließende Entscheidung von Bedeutung sein können.

Die nach §§ 20 ff SGB X bestehenden Pflichten der Deutschen Rentenversicherung Bund im Anfrageverfahren machen eine „rechtliche“ Prüfung des Einzelfallsim Sinne von § 2 Abs 1 RDG durch einen Bevollmächtigten nicht überflüssig. Denn diese entbinden nicht von der Notwendigkeit „eigenen Mitdenkens“ der Beteiligten und besagen nicht, dass die erforderliche Tätigkeit von Bevollmächtigten in Anfrageverfahren des § 7a SGB IV auf die bloße Angabe von Tatsachen und ggf Beibringung von Beweismitteln beschränkt wäre. Die – sonst eigentlich entbehrliche – Hervorhebung der Pflichten der Deutschen Rentenversicherung Bund in dieser Regelung macht vielmehr gerade deutlich, dass insoweit Besonderheiten gelten. Diese Pflichten kommen nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund den Beteiligten nach § 7a Abs 4 SGB IV vor Ergehen einer abschließenden Verwaltungsentscheidung mitzuteilen hat, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, wobei sie die Tatsachen bezeichnet, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und den Beteiligten Gelegenheit gibt, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Dass spätestens in diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der qualifizierten Anhörung, die über die allgemein in § 24 SGB X geregelte Anhörung hinausgeht, auch ein eigenes Durchdenken und eine eigene sozialversicherungsrechtliche Einschätzung des Adressaten (bzw seines Bevollmächtigten) nötig ist, kann vernünftigerweise nicht in Zweifel gezogen werden.

Die (auch) „rechtliche“ Komplexität des Statusfeststellungsverfahrens zeigt sich im Übrigen bereits an den Fragen des (in den Verwaltungsvorgängen befindlichen) von der Deutschen Rentenversicherung Bund ausgegebenen Formantragsformulars. Dort werden in nicht unerheblichem Umfang Gegebenheiten abgefragt, die über die bloße Ermittlung tatsächlicher Umstände hinausgehen und rechtlich wertende Überlegungen bei der Beantwortung der Fragen erfordern. So werden von den Beteiligten zB auch Informationen darüber erbeten, ob neben der Tätigkeit, für die die konkrete Feststellung des versicherungsrechtlichen Status begehrt wird, weitere „abhängige“ oder „selbstständige“ Tätigkeiten ausgeübt werden. Derartiges kann – wie allgemein im Verfahren nach § 7a SGB IV – letztlich nicht ohne rechtliche Kenntnisse über die typischen, in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wiederholt behandelten Problemfelder beantwortet werden, etwa die Beurteilung von Erwerbstätigkeiten bei juristischen Personen, in Familienunternehmen und Familiengesellschaften sowie solchen im Zusammenhang mit freier Mitarbeit oder in modernen Erwerbsformen.

Die Einschätzung, dass die vorstehend dargestellten Umstände die Bejahung einer Rechtsdienstleistungim Sinne von § 2 RDG wegen anzunehmender „rechtlicher“ Prüfungen gebieten, wird im Übrigen auch durch die Gesetzesmaterialien zur Novellierung des Rechtsberatungsrechts bestätigt. Dort wird für die Vertretung in Einzugsstellen- und Betriebsprüfungsverfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV eine besondere Sachkunde auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts für erforderlich erachtet[13]).

Die mithin als „Rechtsdienstleistung“im Sinne von § 2 Abs 1 RDG zu qualifizierende Tätigkeit des Steuerberaters in einem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV[14] ist auch nicht nach § 5 Abs 1 RDG erlaubt.

§ 5 Abs 1 S 1 RDG bestimmt, dass „Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit“ erlaubt sind, „wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören“. Nach Satz 2 der Regelung ist die Frage, ob eine Nebenleistung vorliegt, „nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind“. An einem solchen Nebenleistungscharakter und sachlichen Zusammenhang zum Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters fehlt es beim Tätigwerden eines Steuerberaters in einem Anfrageverfahren.

§ 5 RDG stellt – ähnlich wie die (indessen strengeren Vorgaben unterliegende) Vorgängerregelung des Art 1 § 5 RBerG – einen Ausnahmetatbestand zu § 3 RDG (Erlaubnis durch das RDG) gegenüber dem grundsätzlichen Verbot der Erbringung von Rechtsdienstleistungen dar. Auf diesen Ausnahmetatbestand können sich auch Angehörige der steuerberatenden Berufe berufen, die Rechtsdienstleistungen in einem speziellen Bereich des Rechts als Hauptleistung erbringen, soweit sie darüber hinaus andere Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung erbringen[15].

Die Kern- und Haupttätigkeit eines Steuerberaters besteht in der geschäftsmäßigen „Hilfeleistung in Steuersachen“ (vgl § 2, § 3 Nr 1, §§ 32, 33 StBerG). Gemäß § 33 S 1 StBerG haben Steuerberater die „Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten“. Die steuerliche Beratung ist danach eine auf dieses spezielle Fachgebiet beschränkte Rechtsberatung[16].

Zwar hat die Beratung in steuerlichen Angelegenheiten häufig Bezugspunkte hin zu außersteuerrechtlichen Regelungen; denn vielfach ist das außersteuerliche Recht Bestandteil eines steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandes. Soweit es im Hinblick auf die steuerrechtlichen Gegebenheiten geboten ist, erstreckt sich die Beratungspflicht eines Steuerberaters in solchen Fällen auch auf diese – der Tätigkeit eines Steuerberaters an sich grundsätzlich fremden – Rechtsgebiete[17]. Dies bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit auf außersteuerlichen Rechtsgebieten bereits deshalb dem Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters zuzuordnen ist, nur weil bestimmte Tatbestände überhaupt für die steuerliche Beratung relevant sind[18]. Das Steuerrecht erfasst eine Vielzahl von Vorgängen, für welche auch Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten bedeutsam sein können. Nähme man schon allein deswegen einen Zusammenhang mit dem Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters an, wären Steuerberater letztlich annähernd unbeschränkt berechtigt, auf allen Rechtsgebieten berufliche Aktivitäten zu entfalten.

Unter diesem Blickwinkel muss eine Beratung und Vertretung in Fragen des sozialversicherungsrechtlichen Status in Verfahren gemäß § 7a SGB IV durch Steuerberater ausscheiden. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass Steuerberater für Arbeitgeber oftmals die Lohnbuchführung – dh die Erfassung, Abrechnung und Buchung der Arbeitsentgelte sowie der gesetzlichen Abzüge hiervon – vornehmen und vornehmen dürfen[19].

Das in § 5 Abs 1 S 2 RDG für das Vorliegen einer Nebenleistung aufgestellte Kriterium, dass es dafür „Rechtskenntnisse … (bedarf), die für die Haupttätigkeit erforderlich sind“, steht der gegenteiligen Ansicht des Steuerberaters entgegen. Um als Nebenleistung zu gelten, muss es sich dabei im Einzelfall nämlich um eine Tätigkeit handeln, die ein Steuerberater mit seiner beruflichen Qualifikation ohne Beeinträchtigung des in § 1 RDG genannten Schutzzwecks, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, miterledigen kann[20]. Maßgebend ist insoweit nicht die individuelle Qualifikation des Rechtsdienstleistenden, sondern die allgemeine berufstypische juristische Qualifikation des Betroffenen im Rahmen seiner Haupttätigkeit[21]. Bleiben dagegen die für die Haupttätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse hinter denjenigen für die Erbringung der (vermeintlichen) Nebenleistung erforderlichen Kenntnissen zurück, kann die Nebenleistung nicht erlaubnisfrei erbracht werden; dies gebieten der zentral in § 1 RDG angesprochene Schutz der Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung[22].

Dass die für die Haupttätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse hinter den für die Erbringung der (vermeintlichen) Nebenleistung erforderlichen Kenntnissen zurückbleiben, folgt für Steuerberater in Bezug auf das Verhältnis Lohnbuchführung – Anfrageverfahren vor allem daraus, dass das Sozialversicherungsrecht nicht einmal zu denjenigen Prüfungsgebieten gehört, welche im Rahmen einer den Zugang zum Beruf eröffnenden, erfolgreich zu absolvierenden Steuerberaterprüfung bedeutsam sind. Nach § 37 Abs 3 S 1 Nr 1 bis 8 StBerG gehören dazu neben dem steuerlichen Verfahrensrecht sowie Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht (Nr 1) im Einzelnen genannte Materien des Steuerrechts (Nr 2 bis 4). In Bezug auf das außersteuerliche Recht werden dagegen in Nr 5 nur das „Handelsrecht sowie Grundzüge des Bürgerlichen Rechts, des Gesellschaftsrechts, des Insolvenzrechts und des Rechts der Europäischen Union“ sowie in Nr 8 das „Berufsrecht“ angesprochen. Demgegenüber fehlt eine Regelung über das Sozialversicherungsrecht. Dieses kann auch weder den in Nr 5 aufgeführten Materien zugeordnet werden noch ist offenkundig eine Subsumtion unter die übrigen in Nr 6 („Betriebswirtschaft und Rechnungswesen“) und Nr 7 („Volkswirtschaft“) angesprochenen wirtschaftswissenschaftlichen Fachdisziplinen möglich.

Schon aus diesen Regelungen ist zu entnehmen, dass die bei Steuerberatern unterstellten und zu erwartenden Rechtskenntnisse hinter denen eines umfassend ausgebildeten und in rechtlichen Angelegenheiten allgemein vertretungsbefugten Rechtsanwalts zurückbleiben. Auch wenn Rechtsanwälte nicht zwingend über spezifisch sozialversicherungsrechtliche Kenntnisse verfügen – insbesondere keine entsprechend ausgewiesenen Fachanwälte sein – müssen, so beruht die Befugnis zum Auftreten bei ihnen darauf, dass – aufgrund erworbener und unter Beweis gestellter Kenntnisse und Fähigkeiten in der spezifischen juristischen Methodik und Arbeitsweise – von einer umfassenden Eignung in juristischen Belangen ausgegangen wird. Vergleichbares fehlt bei Steuerberatern.

Aus dem Umstand, dass sich die Abgrenzung zwischen (versicherungspflichtiger) Beschäftigung und (nicht versicherungspflichtiger) Selbstständigkeit im Sozialversicherungsrecht oftmals nach ähnlichen Kriterien bestimmen kann wie bei der einkommensteuerrechtlichen Behandlung, ist für die Frage der Vertretungsbefugnis von Steuerberatern im Statusfeststellungsverfahren ebenfalls nichts herzuleiten. Ein sachlicher Zusammenhang mit steuerberaterlichen Haupttätigkeitenim Sinne von § 5 Abs 1 RDG unter dem Blickwinkel der dafür erforderlichen – vermeintlich ohnehin vorhandenen – Rechtskenntnisse des Steuerberaters in seinen Kerngebieten muss auch insoweit verneint werden.

Das ergibt sich bereits daraus, dass die Rechtsprechung zum Sozialversicherungsrecht inhaltlich durchaus von derjenigen zum Steuerrecht abweichen kann[23]. Das Ergebnis steuerrechtlicher Beurteilungen hat für die Rechtslage im Sozialversicherungsrecht im Rahmen der – oben dargestellten – dort vorzunehmenden Gesamtwürdigung nur die Bedeutung als „ein Indiz neben anderen Indizien“. Darüber hinaus besteht keine nahtlose Übereinstimmung beider Rechtsgebiete, insbesondere keine Bindungs- oder gar Tatbestandswirkung von Entscheidungen der Finanzbehörden sowie der Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit; Sozialversicherungsträger und Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind vielmehr der eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Prüfung im Einzelfall nicht enthoben, ob eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt[24]. Dies müssten auch Bevollmächtigte in Statusfeststellungsverfahren beachten und demzufolge auch über zu unterstellende entsprechende Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts verfügen.

Unbeschadet dessen ist in den Blick zu nehmen, dass gerade in Bezug auf das Anfrageverfahren ohnehin verfahrensrechtliche Abweichungen des Sozialversicherungs- und Sozialverwaltungsrechts gegenüber dem Steuerverfahrensrecht bestehen (vgl nur § 44 SGB X)[25]. Diese Regelungen finden keine Entsprechung im steuerlichen Verfahrensrecht.

Nicht unbeachtet bleiben kann bei alledem ferner, dass sozialversicherungsrechtliche Anfrageverfahren nicht zwingend im Zusammenhang mit Aufgaben einer Lohnbuchführung stehen müssen, sondern auch isoliert davon eingeleitet werden können bzw von Amts wegen von den Einzugsstellen einzuleiten sind (vgl § 7a Abs 1 S 2 SGB IV). Es wäre indessen kein rechtlich taugliches Kriterium, für die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern in Anfrageverfahren danach zu differenzieren, aufgrund welcher Umstände es zu einer Verfahrenseinleitung kommt.

Der für eine Qualifizierung als zulässige Nebenleistungim Sinne von § 5 Abs 1 RDG notwendige sachliche Zusammenhang mit einer anderen erlaubten Tätigkeit kann im Übrigen nicht schon durch die zwischen einem Steuerberater und seinem Auftraggeber getroffene Mandatsvereinbarung hergestellt werden; das Vorliegen eines Zusammenhangs kann sich vielmehr nur nach objektiven Kriterien richten[26]. Eine innere bzw inhaltliche Verbindung der zu beurteilenden (Neben-)Tätigkeit zu einer Haupttätigkeit wäre vor allem dann anzunehmen, wenn die Nichterledigung der Nebenleistung auch die sachgerechte Erfüllung der (zulässigen) Hauptleistung des Steuerberaters beeinträchtigt; kann dagegen unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Interesses des Auftraggebers die Nebenleistung auch selbstständig von einem dafür qualifizierten Dritten (hier: Rechtsanwalt) erbracht werden, ohne dass der Steuerberater insoweit an der sachgerechten Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Hauptaufgabe merklich beeinträchtigt wird, spricht dies gegen das Vorliegen einer von § 5 RDG erfassten Nebenleistung[27].

Dem steht nicht entgegen, dass sich in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation die Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen als Vorfrage im Rahmen der zulässigerweise wahrgenommenen Lohnbuchführung (vgl § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG sowie § 28h SGB IV – dazu näher sogleich – als eine der typischen Aufgaben eines Steuerberaters gegenüber einem Arbeitgeber stellen kann[28]. Ein Steuerberater wäre indessen nicht über Gebühr an der sachgerechten Erfüllung der ihm nach dem Gesetz übertragenen Hauptaufgabe gehindert oder merklich beeinträchtigt, wenn die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens an den Antragsteller selbst oder einen Rechtsanwalt überantwortet wird. Zwar wird häufig zunächst der Steuerberater im Sinne von Vorüberlegungen und Vorfragen Erwägungen darüber anzustellen haben, ob ein Mitarbeiter den dafür zuständigen Trägern der Sozialversicherung nach § 28a SGB IV als Beschäftigter zu melden ist oder nicht. Er hat in einem solchen Fall indessen ebenso die Möglichkeit, eine Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht nach § 28h Abs 2 SGB IV herbeizuführen und wäre insoweit nicht auf das bei der beklagten DRV Bund durchzuführende, mit – wie oben dargestellt – verfahrensrechtlichen Besonderheiten und Konsequenzen verbundene förmliche und die Wahrnehmung einer erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung erfordernde Anfrageverfahren des § 7a SGB IV beschränkt; ein bereits eingeleitetes Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs 2 SGB IV würde gemäß § 7a Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB IV vielmehr sogar ein Antragsverfahren nach § 7a SGB IV ausschließen. Schon wegen dieser eigenen Möglichkeit des Steuerberaters zur „Verfahrenssteuerung“ (= Einzugsstellenverfahren nach § 28h SGB IV in Eigenregie oder Antragsverfahren nach § 7a SGB IV ggf unter Einschaltung eines insoweit vertretungsbefugten Bevollmächtigten) kann nicht angenommen werden, dass die sachgerechte Erfüllung der ihm obliegenden Hauptaufgabe gegenüber seinen Mandanten in wesentlicher Hinsicht beeinträchtigt wird.

Eine Vertretungsbefugnis in Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV folgt schließlich auch nicht aus § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG. Das ergibt sich – in Übereinstimmung mit der überwiegend in der Literatur vertretenen Auffassung[29] – aus Wortlaut, Regelungssystematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Normen, ohne dass dem Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entgegensteht.

Gemäß § 13 Abs 6 S 2 SGB X (hier anzuwenden idF des Gesetzes vom 11.12.2008, BGBl I 2418) können Personen, die nach § 73 Abs 2 S 1 und S 2 Nr 3 bis 9 SGG zur Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren befugt sind, nicht als Bevollmächtigte und Beistände vom Vortrag in einem Verwaltungsverfahren zurückgewiesen werden. § 73 Abs 2 S 1 SGG regelt seit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12.12.2007[30] mit Wirkung zum 1.07.2008, dass sich Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder bestimmte Rechtslehrer vertreten lassen können (Erweiterung durch Art 10 Gesetz vom 22.12.2010[31]). Darüber hinaus sind nach § 73 Abs 2 S 2 SGG als Bevollmächtigte vor dem SG und dem LSG vertretungsbefugt „nur“ die in den folgenden Nrn 1 bis 9 genannten Personenkreise. Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG gehören zu diesen vertretungsbefugten Personen ua Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer „in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch“.

Da der Wortlaut des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG eine Vertretungsbefugnis für Steuerberater lediglich für Angelegenheiten nach § 28h SGB IV und § 28p SGB IV vorsieht, während Angelegenheiten nach § 7a SGB IV dort nicht genannt werden, kann der Steuerberater seine Befugnis für ein Auftreten im Antragsverfahren daraus nicht herleiten.

Auch die Auslegung nach dem systematischen Zusammenhang eröffnet diese Befugnis nicht. Die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern gemäß § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG ist als Ausnahme von § 73 Abs 2 S 1 SGG konzipiert, dh über den in § 73 Abs 2 S 1 SGG explizit genannten Personenkreis hinaus sollen andere, ausdrücklich bezeichnete Vertreter „nur“ in den dann nachfolgend in Satz 2 enumerativ[32] aufgezählten Verfahren vertretungsbefugt sein. Knüpft das Gesetz eine Rechtsfolge unter Verwendung des Wortes „nur“ an bestimmte Tatbestände, kann daraus im Umkehrschluss allein hergeleitet werden, dass die Rechtsfolge für andere Tatbestände nicht gilt[33].

Hieraus folgt mit Blick auf § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG, dass eine Beschränkung der Vertretung durch Steuerberater in sozialgerichtlichen Prozessen auf Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV ersichtlich gewollt ist und den Umkehrschluss rechtfertigt, dass die Vertretung in Verfahren nach § 7a SGB IV nicht erfolgen darf[34].

Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht gegen die Ausweitung der Vertretungsbefugnis des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG auf Verfahren nach § 7a SGB IV und schließt insbesondere die Annahme einer eine Analogie ermöglichenden Regelungslücke aus. Die Neuregelung der Vertretungsbefugnisse in § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG zum 1.07.2008 mit ihrer Beschränkung auf die in §§ 28h, 28p SGB IV genannten Angelegenheiten erfolgte nämlich zu einem Zeitpunkt, als der zum 1.01.1999 geschaffene § 7a SGB IV schon seit fast zehn Jahren in Kraft war. Zudem wurde § 13 Abs 6 S 2 SGB X durch Gesetz vom 11.12.2008, also annähernd ein Jahr später, mit Wirkung zum 18.12.2008 geändert und an die Neufassung des § 73 SGG angepasst, ohne dass dabei seitens des Gesetzgebers ein inhaltlicher Änderungsbedarf gesehen wurde. Wenn die Neuregelungen des SGG und des SGB X zur Vertretungsbefugnis aber unter Auslassung der Verfahren nach § 7a SGB IV vorgenommen wurden, spricht alles gegen ein bloßes Redaktionsversehen des Gesetzgebers.

Das Bestehen einer Vertretungsbefugnis in Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV, nicht aber in solchen nach § 7a SGB IV in § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG erklärt sich im Übrigen vor dem Hintergrund, dass Einzugsstellen- und Betriebsprüfungsverfahren im Gegensatz zu Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV typischerweise bereits eine beitragsrechtliche Komponente enthalten. In den in den erstgenannten Verfahren erlassenen Bescheiden steht nämlich eine konkrete (nach-)geforderte Beitragssumme im Raum. Dieser im Regelfall beitragsrechtliche Bezug der Einzugsstellen- und Betriebsprüfungsverfahren hat damit eine enge Verbindung zur jeweils konkret geübten betrieblichen Praxis der Lohnbuchführung, die Abgaben in Form von Lohnsteuer und Beiträgen auf Arbeitsentgelt zum Gegenstand hat. Demgegenüber weisen – wie bereits oben näher dargestellt – Anfrageverfahren des § 7a SGB IV auf der Verfahrens- und Rechtsfolgenseite verschiedene Besonderheiten auf und betreffen im Rahmen der Prüfung, ob eine Abgabenschuld in Form von Beiträgen entstand und/oder ob sie ausgehend von den einschlägigen Grundlagen über die Bemessung der Abgaben zutreffend errechnet wurde, eher grundsätzlich zu klärende, der Beitragsabführung vorgelagerte Fragen.

Das gewonnene Auslegungsergebnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung[35] entschieden hat, dass die Verfahren nach § 7a SGB IV einerseits und nach §§ 28h, 28p SGB IV andererseits bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht inhaltlich gleichwertig sind – wie dies auch in § 7a Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB IV zum Ausdruck kommt. Mit der Feststellung einer solchen Gleichwertigkeit ist nicht zugleich eine Aussage darüber verbunden, welche Berufsgruppen in diesen Verfahren als Bevollmächtigte auftreten dürfen. Erst recht kann aus dieser Rechtsprechung nicht etwa abgeleitet werden, dass die im vorliegenden Rechtsstreit einschlägigen gesetzlichen Grundlagen eine planwidrige Lücke enthalten, die eine Analogie im Rahmen des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG rechtfertigen könnte.

Die aufgezeigte Auslegung des Gesetzesrechts verletzt schließlich auch keine Grundrechte des Steuerberaters. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen seine durch Art 12 Abs 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung als Steuerberater nicht vor. Selbst wenn man einen Eingriff in den Schutzbereich durch die Verneinung einer Vertretungsbefugnis in Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV bejaht, wäre dieser allenfalls in einem Randbereich des Berufes des Steuerberaters zu verorten und lässt das Berufsbild im Kernbereich und die durch den Beruf gesicherte Existenz unbeeinträchtigt[36]. Ein möglicher Eingriff wäre jedenfalls durch den legitimen Zweck des RDG gedeckt, Rechtsuchende, Rechtsverkehr und Rechtsordnung vor nicht adäquaten Rechtsdienstleistungen zu schützen. Hierin liegt eine hinreichende Rechtfertigung für die Intensität des hier lediglich marginal feststellbaren Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit betreffend bestimmte Sozialverwaltungsverfahren. Angesichts der Subsidiarität des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG gegenüber demjenigen aus Art 12 Abs 1 GG[37] ist auch insoweit ein Verstoß gegen Grundrechte des Steuerberaters zu verneinen.

Bundessozialgericht, Urteil vom 5. März 2014 – B 12 R 7/12 R

  1. idF vom 12.12.2007, BGBl I 2840[]
  2. vgl dazu allgemein Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655 S 48 zu § 2 zu Abs 1 linke Spalte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zum Rechtsberatungsgesetz (RBerG); BGH MDR 2011, 680, Juris RdNr 29 ff[]
  3. vgl dazu Gesetzentwurf, aaO, BT-Drs. 16/3655 S 46 zu § 2 zu Abs 1; vgl auch vom Stein in Kilian/Sabel/vom Stein, Das neue Rechtsdienstleistungsrecht, 2008, RdNr 30 ff[]
  4. so zB Unseld in Unseld/Degen, RDG, 2009, § 2 RdNr 12; Krenzler in Krenzler, RDG, 2010, § 2 RdNr 15; Finzel, KommRDG, 2008, § 2 RdNr 7; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 42[]
  5. vgl insoweit zu Recht BSG Urteil vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/12 R – Leitsatz 2 und Juris RdNr 36 ff, zur Veröffentlichung in SozR 4-1300 § 13 Nr 1 und in BSGE vorgesehen[]
  6. BGBl I 2000, 2[]
  7. vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit, BT-Drs. 14/1855 S 7 zu Nr 2 zu § 7a Abs 1[]
  8. vom 24.12.2003, BGBl I 2954[]
  9. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007, BGBl I 3024[]
  10. stRspr; vgl zum Ganzen aus jüngerer Zeit BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 16 mwN; BSGE 111, 257, SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; s insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36, SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN sowie – zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzungskriterien BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11[]
  11. vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff[]
  12. vgl dazu erneut BSG Urteil vom 14.11.2013, aaO, Leitsatz 2[]
  13. vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, aaO, BT-Drs. 16/3655 S 95 zu Nr 3 Abs 2 (§ 73 des Entwurfs[]
  14. anders der für Antragsverfahren zu Erstfeststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht entschiedenen Fall des BSG im Urteil vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/12 R – Leitsatz 1[]
  15. so Gesetzesbegründung der Bundesregierung, aaO, BT-Drs. 16/3655 S 51 zu § 5; vgl auch Kleine-Cosack, RDG, 2. Aufl 2008, § 5 RdNr 4; Römermann in Grunewald/Römermann, RDG, 2008, § 2 RdNr 91[]
  16. BSG Urteil vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/12 R, aaO; BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 3 S 8; vgl BVerfGE 80, 269, 280; Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl 2009, § 33 RdNr 13; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 43[]
  17. BSG Urteil vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/12 R, aaO; vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 3 S 8 mwN[]
  18. so aber Draf/Beyer-Petz, DStR 2013, 280[]
  19. ebenso Gehre/Koslowski, aaO, § 33 RdNr 13; vgl – zum Vorgängerrecht des RBerG – OLG Düsseldorf Urteil vom 09.07.2002 – 23 U 222/01; aA Hässel/Hengsberger, BB 2009, 135, 138 f[]
  20. BSG Urteil vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/12 R, aaO[]
  21. vgl BSG, ebenda; BT-Drs. 16/3655 S 54; Dreyer/Müller in Dreyer/Lamm/Müller, RDG, 2009, § 5 RdNr 30; Weth in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 5 RDG RdNr 12; Kleine-Cosack, aaO, § 5 RdNr 66; Hirtz in Grunewald/Römermann, RDG, 2008, § 5 RdNr 52; Unseld in Unseld/Degen, RDG, 2009, § 5 RdNr 19; Finzel, KommRDG, 2008, § 5 RdNr 11[]
  22. vgl Krenzler in Krenzler, RDG, 2010, § 5 RdNr 40[]
  23. zutreffend im vorliegenden Zusammenhang auch Beyer-Petz, DStR 2010, 77; aA Arens/Pelke, DStR 2012, 627, 628[]
  24. vgl schon BSGE 3, 30, 40, SozR Nr 18 zu § 164 SGG; BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; BSG SozR 2200 § 165 Nr 45 S 68 mwN; Seewald in Kasseler Komm, § 7 SGB IV RdNr 79 mwN, Bearbeitungsstand Oktober 2009[]
  25. zB auch BSGE 103, 17, SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 14 ff (Unzulässigkeit einer Elementenfeststellung in Bezug auf diesen Komplex) sowie BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 (Statusfeststellung auch bei beendetem Auftragsverhältnis) []
  26. vgl Kleine-Cosack, aaO, § 5 RdNr 47; Hirtz in Grunewald/Römermann, aaO, § 5 RdNr 162 f[]
  27. vgl Hirtz in Grunewald/Römermann, aaO, § 5 RdNr 50, 163[]
  28. vgl Beyer-Petz, DStR 2010, 77; Gahle, DB 2011, 1622, 1623, beide aus diesem Grunde für die vollumfängliche Mitbetreuungsmöglichkeit auch in Antragsverfahren nach § 7a SGB IV[]
  29. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 73 RdNr 6; Littmann in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 73 RdNr 5; Arndt in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 73 RdNr 20 mit Fußnote 43; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2009, § 10 RdNr 2; Ulmer in Hennig, SGG, § 73 RdNr 88, Kommentierungsstand September 2012; aA Beyer-Petz, DStR 2010, 2424; Arens/Pelke, DStR 2012, 627, 628[]
  30. BGBl I 2840[]
  31. BGBl I 2248[]
  32. vgl Leitherer, aaO, § 73 RdNr 6; Littmann, aaO, § 73 RdNr 5[]
  33. vgl Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, S 209[]
  34. kritisch, aber im Ergebnis ebenso Ulmer, aaO, § 73 RdNr 88[]
  35. BSG, Urteil vom 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17, SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 17; und vom 04.06.2009 – B 12 R 6/08 R []
  36. vgl dazu allgemein bereits BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 3 S 10 f[]
  37. BVerfG Beschluss vom 21.06.2011 – 1 BvR 2930/10 – NZS 2012, 102 RdNr 25[]